Zeitreise

Jahrmarkt, Messe und Oktoberfest

Jedes Jahr im Herbst verzaubern die drei Buchstaben MAG für vier Tage Stadt und Region. Der Markt Aarauer Gewerbetreibender ist 1937 mitten in wirtschaftlichen Krisenzeiten als Selbsthilfeaktion der lokalen Handwerker und Geschäftsinhaber entstanden. Heute zeigt er sich als gelungene Mischung aus Jahrmarkt, Messe und Oktoberfeststimmung, ganz nach dem Motto «Sehen und gesehen werden».

Von Hermann Rauber

Es war im Juni 1937, als der Aarauer Stadtrat aus dem Kreis hiesiger Berufs- und Geschäftsleute Post empfing. Der Brief enthielt die Idee, unter dem Patronat des Gewerbeverbandes Ende September einen Markt zu veranstalten. Die Absicht, «die für Aarau verloren gegangenen Landkundschaft wieder an die Stadt zu fesseln», fand im Rathaus offene Ohren. Die Umsetzung erfolgte erstaunlich rasch, bereits am 7. Oktober des gleichen Jahres 1937 stellten 96 Betriebe und Firmen erstmals ihre Buden und Stände auf. Das Ziel der Anbieter, einmal im Jahr hinter dem Ladentisch hervorzutreten und sich den Kundinnen und Kunden möglichst originell und unter freiem Himmel zu präsentieren, entsprach offensichtlich einem Bedürfnis, der Andrang war enorm.

Herzstück ist und bleibt der Graben


Auch wenn der Zweite Weltkrieg die Euphorie dämpfte, ging es ab 1945 wieder stetig aufwärts. Vom Aufschwung und der allgemeinen Aufbruchstimmung profitierte auch der MAG, obwohl das leitende Komitee am Bewährten nicht rütteln wollte. In den Satzungen von 1946 wird ausdrücklich festgehalten, dass «der MAG im gleichen Sinn und ähnlichem Rahmen wie bis jetzt abgehalten wird». Einzig die Dauer wurde von anfänglich drei auf vier Tage ausgedehnt. Das hiess, dass der Graben vom Holzmarkt bis zum Schlossplatz das Herzstück des ursprünglichen MAG-Ambiente blieb. Erst später kam die Erweiterung des Rayons gegen das Schlössli (unter anderem mit dem Chacheli-Märt), auf die Laurenzenvorstadt und in den Kasinopark hinzu. Versuche, den MAG auch in die nahe Altstadt auszudehnen, setzten sich nur rudimentär durch. Ganz im Gegensatz zum zentralen Beizendörfli auf dem Färberplatz rund um und in der Markthalle, das seit den 1980er Jahren als gesellschaftliches Epizentrum für die langen MAG-Nächte fungiert.

Rahmenprogramm und MAG-Schlager


Legendär waren einst die MAG-Unterhaltungsabende im ehemaligen Saalbau, an denen etwa 1949 Lale Andersen die ihrem Lied von der «Lilli Marlen» oder das Aarauer Cabaret Zapfenzieher (mit Werner Koch, Fritz Guggisberg und Eduard Steiner) das Publikum begeisterten. Der herbstliche Markt bot immer wieder den Rahmen für besondere Aktionen, zum Beispiel für «Internationale Sportwochen» (1948), für die «Aarauer Braderie» (1972) oder für den Schlusspunkt der «Aarauer Wälle» 1976. In den Urzeiten war es geradezu Pflicht der Aussteller, einen «MAG-Schlager» feilzubieten, ein Produkt zu einem möglichst günstigen Preis. 1948 zählte ein Paar Damenschuhe Marke «California» für 12 Franken zu den Rennern, ein Jahr später galt der Andrang dem Angebot «Damengürtel zum Aussuchen» für sagenhafte 1,50 Franken.

Während der «Mexikaner», der als Inhaber eines Tabakwarengeschäfts noch 1960 aus einer Pistole Zigaretten unter das Volk schoss, oder das ratternde Glücksrad längst verschwunden sind, so hat sich der «Chöcherli-Stand» der IBAarau bis auf den heutigen Tag erhalten, an dem ganze Generationen im zarten Alter eine erste Omelette oder eine Miniwurst zubereiten durften.

MAG Stand IBAarau

Der alte MAG-Geist lebt weiter


Doch mit den veränderten Wirtschaftsstrukturen hat der MAG auch einen Messe-Touch entwickelt, zum Handwerk gesellte sich der wachsende Dienstleistungssektor. Banken, Versicherungen, Reisebüros, Wein- oder gar Immobilienhändler entdeckten den Anlass als Plattform. Doch der Zauber «MAGischen» Zeit hat bis heute allen Modetrends und konjunkturellen Schwankungen standgehalten. Zwar erlahmte der alte MAG-Geist nach der Jahrtausendwende sichtlich, die Durchführung wurde entgegen der Tradition 2005 einer privaten Firma übertragen, was das schwindende Interesse des einheimischen Gewerbes und Unternehmertums nur noch beschleunigte. 2009 nahmen deshalb ein paar beherzte MAG-Liebhaber mit Rainer Zulauf an der Spitze das Heft wieder selber in die Hand. Trotz finanzieller Altlasten gelang der Neustart im Herbst 2010 über Erwarten gut. Erfreuliche Aussichten also auch für den MAG 2016, der vom Donnerstag, 29. September, bis zum Sonntag, 2. Oktober, dauert.
Bildquelle: www.mag-aarau.ch