Leseecke

Schöner essen und trinken

Gleich zwei Tipps hat die Stadtbibliothek für alle bereit, die sich für Innenarchitektur, Gastronomie, aber auch Süsses interessieren.

Von Beatrice Altorfer


  1. «Let’s go out again» von Michelle Galindo, Sven Ehmann und Robert Klanten


An diesem Fotoband können sich alle freuen, die sich für Innenarchitektur und Gastronomie interessieren. Das Buch ist ein mit eindrücklichen Fotos dokumentierter Bar- und Restaurantführer.  Besprochen werden Lokale auf der ganzen Welt. Hinter der Auswahl der Restaurants steht der Grundgedanke, dass im heutigen Konsumzeitalter viele Menschen wieder nach dem Motto «weniger ist mehr» leben möchten. Das Essen im Restaurant muss nicht üppig sein. Lieber soll es aus vollwertigen, nachhaltigen und lokal produzierten Produkten bestehen und in einer unvergesslichen Atmosphäre serviert werden. Die porträtierten Restaurants vereinen diese Haltung durch ihr Design und die angebotene Küche. Sie sind so gestaltet und konzipiert, dass Essengehen ein Genuss auf den Ebenen Ästhetik, Geschmack und Wohlbefinden ist. Einige der Restaurants lassen sich bei einem Städtetrip erkunden, denn sie befinden sich in Berlin, Paris, Hamburg, Kopenhagen, Barcelona und eines ist in der Nähe von Genf. Ein paar Lokale beschreibe ich unten ein bisschen genauer.
Die Lokale sind in die sechs Kategorien Understatement, Modern Musings, Rough & Local, Progressive, Graphic Spaces und Dramatic eingeteilt.
Understatement-Lokale sind klassisch elegant, mit ruhigem und grosszügigem Flair und viel freiem Raum. In Paris befinden sich zwei dieser ausgesuchten Lokale, das Monsieur Bleu  und die Brasserie Le Flandrin. Der Designer des Monsieur Bleu hielt sich beim Einrichten einen Dandy vor Augen: elegant, kultiviert und mit perfektem Bart! In London könnte sich ein Besuch in der Bar Peg & Patriot lohnen, welche nebst dem schönen Interieur bekannt ist für ihre speziellen Drinks.

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Modern Musings beschreibt Restaurants, die ganz einfach sind und ohne Ornamentik auskommen, mit funktionalen Möbeln in schlichtem Design, hellen Farben und viel Raum. Bierliebhaber sollten der Bar Mikkeller & Friends an der Stefansgade in Kopenhagen einen Besuch abstatten. Der Inhaber, Mikkel Borg Bjergsø, ist ein ehemaliger Mathe- und Physiklehrer, der im Bierbrauen seine wahre Bestimmung fand. Mittlerweile betreibt er mehrere Bars in und ausserhalb von Dänemark und exportiert seine Bierkreationen weltweit.

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Rough & Local sagt schon alles über das Interieur dieser Gastrobetriebe. Sie sind mit alten gebrauchten Möbeln ausgestattet und haben einen Industrie- oder Selfmade-Charme. Der Feinkostladen Salumeria Lamuri  in Berlin-Kreuzberg zum Beispiel befindet sich in einer restaurierten Metzgerei und verkauft italienische Qualitätsprodukte, welche nach alten italienischen Rezepten hergestellt wurden oder direkt aus Italien stammen. Ebenfalls in einer ehemaligen Metzgerei ist das Café Fleischerei in Leipzig, in dem sich ein Besuch nebst dem tollen Raum auch wegen der hausgemachten Kuchen zu lohnen scheint.
Progressive Lokale haben ein künstlerisch-kreatives Flair und experimentieren mit Ideen wie Indoor Farming – so das Infarm in Berlin,  das Gastronomie und Lebensmittelproduktion unter ein Dach bringt. Die die drei jungen Gründer von Infarm produzieren mitten in der Stadt auf kleinstem Raum mithilfe von viel Hightech Gemüse und bauen Keimlinge, Sprossen und Kräuter ohne Erde und Tageslicht an. Zu den progressiven Lokalen zählen aber auch temporäre Gaststätten wie das nur im Sommer geöffnete La Cabuche mitten in den Weinbergen von Dardagny im Kanton Genf (das einzige Schweizer Lokal in diesem Buch) oder ein einmaliger Gourmet Event in einem Wagen der Subway Linie L in New York City. Diesen Gastronomen geht es ums Ausprobieren, was sich mit Essen und Raum alles machen lässt.
Bei den Graphic Spaces geht die Inneneinrichtung von schrill-bunt, psychedelisch mit Graffitis über düster-fensterlos bis hin zu Alles-in-Weiss. Das Hubbox in Truro, England, ist nicht nur aufgrund seiner farbigen Innenausstattung speziell, sondern auch wegen des Gebäudes: Es befindet sich in einer ehemaligen Kirche, nachdem der Schiffskontainer, in dem es früher einquartiert war, zu klein wurde. Das Essen ist inspiriert vom American Street Food, alles ist hausgemacht und es gibt eine grosse Auswahl an Bieren. Ebenfalls sehr bunt aber mit tropischem Flair präsentiert sich das Club Restaurant Bananas in Barcelona. Das Essen ist ein fröhlicher Mix aus internationaler Küche mit karibischem und orientalischem Einschlag.

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Wenn die Bilder der Restaurants und Bars in der letzten Kategorie – Dramatic – der Realität entsprechen, dann sind das tatsächlich atemberaubende, ja dramatische Räume: Luxuriös, glänzend, nobel, glamourös. Das Lokal, welches auf dem Cover abgebildet ist, The Jane, gehört zu dieser Kategorie. Es befindet sich in Antwerpen und wurde wie das Hubbox in einer ehemaligen Kapelle eingerichtet, die zu einem Militärspital gehörte. Die Küche befindet sich dort, wo früher der Altar stand und ist nur durch Glas abgetrennt, sodass die Gäste in die Küche schauen können.
Auch wenn man in nächster Zeit keines dieser Lokale aufsuchen kann – allein schon die kunstvollen Raumfotografien in diesem Buch sind ein kleiner Ausflug in andere Welten.

«Sugar Girls» von Jana Henschel, Ulrike Schacht und Meike Werkmeister


Als Kontrast zu den oben erwähnten Designerlokalen stelle ich noch das Buch „Sugar Girls“ vor. Offenbar träumen viele Frauen davon, ein Café zu eröffnen. In diesem Buch werden zwanzig solcher Frauen und ihre Cafés porträtiert. Die meisten befinden sich in Deutschland, eines ist in Wien und eines in Rapperswil, im Kanton St. Gallen.

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Im Gegensatz zu den durchgestylten, von namhaften Designern eingerichteten Restaurants im oben besprochenen Buch, begegnet man hier dem Heile-Welt-Charme von liebevoll eingerichteten und dekorierten Cafés, selbst bemalten Wänden, Flohmarktmöbeln und zu Hause geschreinertem Mobiliar. Hier werden Frauen vorgestellt, die mit Herzblut ihren Lebenstraum verwirklicht haben. Sie beschreiben den Werdegang ihres Cafés von der Idee bis zur Eröffnung. Der Blick hinter die Kulissen zeigt, dass es enorm viel Energie und einen eisernen Willen braucht, um ein eigenes Café zu führen. Was nach Gemütlichkeit aussieht, ist harte Arbeit, wenig Schlaf, Risikobereitschaft und Durchhaltewillen.

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Dieses Buch ist nicht nur zum Durchblättern und Schwelgen: Nebst praktischen Einrichtungstipps geben die Sugar Girls ihre Erfahrungen bezüglich Finanzplanung, rechtlichen Bestimmungen und Genehmigungen, Küchenausstattung, Personalsuche, Preiskalkulation, Werbung und sonstigen wichtigen Fragen weiter. Sollte man selber mit dem Gedanken an ein eigenes Café spielen, lohnt sich ein Blick in dieses Buch. Beim nächsten Besuch im Lieblingscafé hat man eine Vorstellung davon, was sich alles hinter den Kulissen abspielen muss, damit man selber so entspannt hier sitzen kann.