Charaktertypen: Kaspar und Hanseli
Es gibt noch andere Kerle, die sich vor der Arbeit drücken. Zum Beispiel Kaspar. Der stupst uns lieber mit seiner feuchten Schnauze in den Schritt. Wie das ein Labrador halt so macht. Der Hof-Güggel bespringt gleich daneben ungeniert ein Huhn. Und dann ist da noch der Hanseli. Der zwingt uns, die Sonnenbrillen aufzusetzen, derart leuchtend ist sein Blau. Natürlich kann es der eitle Pfau nicht lassen und schlägt dazu penetrant sein Rad. Ganz schön unangenehm, wenn einem plötzlich derart viele Pfauenaugen anglotzen, während man gepflegt zu tafeln versucht.
Das Geheimnis des Galegge-Brots
Reden wir lieber vom Hof, der in der Region einzigartig ist. Die Galegge produziert biologisch organisch nach den Richtlinien der Knospe. Zum Angebot gehören Saison- und Lagergemüse, Schnittblumen, Getreide wie Winterweizen, Dinkel und Hafer, Öllein, Hirse, Geissenkäse und Futter für die Hoftiere. Die meisten Produkte kann man im Hofladen kaufen. Kenner wissen das seit Jahren zu schätzen. Einer der Renner im Hofladen sind die hauseigenen Brote und Zöpfe von Annelies. Sie backt die Köstlichkeiten drei Mal pro Woche im Schamottsteinofen. Wer einmal vom Brot probiert, ist ihm verfallen. Woran das liegt? «Ich verwende tolles Mehl von Martin Hunziker aus Walde, nehme wenig Hefe und lasse dem Teig viel Zeit zum Ansetzen», verrät Annelies. Wenn doch alles so einfach wäre.
Zu komplizierte Rezepte
Rebecca Moser stellt den Zopf und das Brot vom Hof ebenso auf den Picknick-Tisch wie den Galeggen-Geissenkäse von Susanne Klemenz, den man auch am Wochenmarkt in Aarau bekommt. Von dort hat sie auch die Feierabend-Würstli von Christa Strub aus Attelwil. Hat Rebecca es sich diesmal derart einfach gemacht und gar nichts selber zubereitet? Kreuzfalsch. Sie konnte es nicht lassen und hat aus den Produkten aus dem Hofladen einen Rüeblisalat und einen Randensalat gezaubert. Dazu verzückt sie uns mit Kürbiskernpaste und Wein-Cassisgelee aus eingekochtem Kir, weil beides ausgezeichnet zum Galeggen-Geissenkäse passt. Die Rezepte dazu kann mir Rebecca aber nicht sagen: «Das wäre viel zu kompliziert!» Ich juble innerlich, denn so kann ich mich ganz dem Essen widmen.
Wovon Astronauten träumen
Und dann ist da noch das «Baba Ghanoush» von Rebecca. Das ist ein arabischer Dip aus Auberginen und Sesampaste mit Feta und Oliven. Nach dem ersten Bissen merkt sie aber gleich, dass sie sich vertan hat: «Oh, das ist ja eine Zucchini-Oliven-Feta-Paste!» Spielt aber keine Rolle, weil sich auch die so gut anfühlt wie der erste Atemzug eines Astronauten auf der Erde, nachdem er 300 Jahre auf einer Raumstation im All verbracht hat.
Happy End
Hansli jault derweil wie ein Güterzug, der aus den Geleisen springt. Dann fleucht das Wunderviech plötzlich aufs Dach des Hühnerstalls. Ich wusste gar nicht, dass Pfauen auch sowas-ähnliches-wie-fliegen können. Kein Wunder, kommt Hansli bei den Weibchen derart an. Ich spüle diesen Gedanken mit einem Schluck vom Grünen Veltliner «Strassertal» 2015 herunter. Der spritzige Weisse mit seiner pfeffrigen Note schimmert im Gaumen herrlicher als jeder Pfau. Noch bevor ich diesen Gedanken fertig zu Papier bringen kann, haben die Damen das ganze Picknick aufgeräumt.
Ganze Fotostory:
Rebeccas Rezept
Rüeblisalat
500 g Rüebli fein raffeln
mit 2 EL Rapsöl mischen
Salz, Pfeffer
2 EL Obstessig
grosser Bund Schnittknoblauch fein schneiden, gut mischen
Randensalat
500 g Randen fein raffeln
mit 2 EL Olivenöl gut mischen
Salz, Pfeffer, Chilli
2 El Obstessig
1 gr Bund Maggikraut (Liebstöckel) fein schneiden
Der Galegge-Hof in Suhr
Die Galegge ist ein biologisch-ökologisch bewirtschafteter Landwirtschaftsbetrieb in Suhr. Die gemeinnützige Stiftung Galegge hat das Ziel, den Landwirtschaftsbetrieb Galegge langfristig zu erhalten. Die Stiftung ist Eigentümerin des Landwirtschaftsbetriebs und der Fischenz Galegge (Fischereirechte an der Wyna von Suhr bis nach Gontenschwil). Neben der Produktion von landwirtschaftlichen Produkten stehen der Erhalt und die Förderung der Natur im Vordergrund. Es besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem Naturama Aargau. Der Hof steht für Schulen als Bildungs- und Erlebnisort offen und ist unter Auflagen verpachtet.
Kochtopf
In unserer Schlemmer-Rubrik gibt’s einmal im Monat etwas Feines für die Augen und zwischen die Zähne. Dabei begleiten wir Köchin Rebecca Moser vom Einkauf am Mark übers Zubereiten bis zum Kochen und Essen eines Menüs. Rebecca interpretiert längst erprobte Gerichte neu, experimentiert mit der Wildkräuterküche und altem, unbeliebtem Gemüse. 2014 wurde Rebecca für ihre Kochkünste mit dem Umweltpreis der Stadt Aarau ausgezeichnet.
www.rebeccakocht.ch
FOTOGRAFIE
Ramona Tollardo ist freischaffende Fotografin aus Zofingen. Die junge Werbefotografin mit dem Sinn fürs Detail springt zur Zeit für Valentina Verdesca ein.
www.ramonatollardo.ch
TEXT
René Moor ist Texter/Konzepter in Aarau. Weil man Worte nicht essen kann, verbindet er in dieser Rubrik das Angenehme mit dem Nützlichen.
www.moortext.ch
ART DIRECTION
Andreas Ott ist Grafik Designer mit Geschäft in Aarau. Er legt sich für diese Rubrik mindestens genauso ins Zeug wie danach beim Essen des vorgestellten Menüs.
www.buero-ao.ch