Kochtopf

Die Hälfte von der Hälfte
gibt das feinste Sugo

Diesmal machen wir mit Rebecca Quatsch mit Sauce. Natürlich ganz ohne Quatsch. Dafür mit umso mehr Sauce, die wir allerdings Sugo nennen. Und dieses Sugo kochen wir dann stundenlang ein und füllen es in Gläser ab.

Von René Moor
Bilder: Valentina Verdesca

Über Sugo könnte man Bücher schreiben. Am besten auf Italienisch. Denn Sugo ist die köstliche Saucenvariante unserer südlichen Nachbarn. Doch so einfach ist es dann auch wieder nicht. Denn wenn es darum geht, was Sugo ganz genau ist, kann es kompliziert werden. Einigen können sich die Spezialisten nur darauf, dass Tomaten die Basis für Sugo sind, jedenfalls meistens. Allerdings kann man zum Sugo auch weitere Zutaten hinzugeben, und das in den verschiedensten Kombinationen. Manche behaupten, Sugo sei sämiger als Tomatensauce, aber flüssiger als Pesto und passe nur zu Nudeln. Andere bringen auch Fleisch und Fisch ins Spiel. Manche behaupten, man müssen Sugo über mehrere Stunden einkochen, andere nicht. Und dann wäre da noch die Frage, wann eine italienische Sauce statt Sugo auch Salsa heissen kann. Die Grenzen sind verwirrend. In Italien geht man damit von Region zu Region verschieden um. Klar ist aber, dass alle diese Saucen schmecken. Vor allem, wenn man sie selber macht. Und was meint Rebecca Moser dazu? Ihre wohltuend einfache Antwort: «Sugo ist Sauce.»

Eine Berner Rose, die eine Tomate ist


Rebecca will heute tüchtig Sugo einkochen und in Gläser abfüllen. Dazu hat sie sich bei Koni Winistörfer im «Gmüesrad» an der Vorderen Vorstadt 7 in Aarau mit Tonnen von Tomaten der Sorte «Berner Rose» eingedeckt. Im seit August offenen Geschäft findet man diverse Produkte ab Hof, Bio-Bergkäse aus Andeer, Bio-Forellen aus Uerkheim, Teigwaren, Whiskywürste, ungeschwefelte Trockenfrüchte aus dem Thurgau, Sirup und Konfitüren aus Baar, Edelbrände aus dem Schenkenbergertal, Hofglace aus dem Fricktal, frisches saisonales Gemüse aus Suhr, Beeren aus Schafisheim oder Mehl und Müeslimischungen aus Seengen.

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Das grosse Tomaten-Massaker


Zuhause in der Küche schneiden wir zuerst Kreuze in die Tomaten und geben diese für wenige Minuten in kochendes Wasser. So löst sich die Haut der Tomaten, wodurch man sie anschliessend schälen kann. Rebecca meint, man könne Sugo zwar auch mit ungeschälten Tomaten machen, doch dann werde die Sauce weniger zart. Und das will ja keiner. Darum schneiden wir die geschälten Tomaten brav in Würfel. Dann geben wir die Hälfte davon in die Pfanne, in der Rebecca bereits die Zwiebeln und den Knoblauch im Olivenöl angedünstet hat. Rebecca will die Tomaten jetzt zwei bis drei Stunden leise köcheln lassen, bis sie auf die Hälfte eingekocht sind. Erst dann will sie die zweite Hälfte der Tomaten dazugeben. Und auch diese nochmals zwei bis drei Stunden einkochen. So lange, bis auch davon nur noch die Hälfte übrig ist.

Diese Halbiererei ist mir zu hoch


Wie bitte? Alles wird halbiert, bis am Ende nur noch die Hälfte von allem übrig ist? Und das dauert dafür doppelt so lang? In diesen sechs Stunden des Sugo-Köchelns könnte ich auch ans Mittelmeer fahren und dort ein original italienisches Sugo von einer original italienischen Mama geniessen. Ich will darum leicht genervt von Rebecca wissen, was es mit dieser Sugo-Mathematik des Halbierens und des zeitlichen Verdoppelns auf sich hat. Ihre Antwort: «Wenn wir das Sugo so aufbauen, verlieren die Tomaten an Säure und das Aroma wird feiner und intensiver.» Und weil ich es gern fein und intensiv habe, stelle ich darum mein Murren ein.

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Gebackene Einmachgläser


Nun heisst es die Einmachgläser keimfrei zu machen. Rebecca wäscht dazu die Gläser und schiebt sie für 10 Minuten bei 100 Grad in den Backofen. Nicht ohne vorher die Gummidichtungen und Schraubverschlüsse zu entfernen. Wichtig ist dabei, dass man sich vorher die Hände wäscht und die Gläser möglichst nicht auf der Innenseite anfasst. Ausserdem empfiehlt Rebecca, dass man die «gebackenen» Gläser nicht auf eine nasse Oberfläche stellt, weil sie sonst zerspringen können. An etwas denkt aber sogar Rebecca nicht: Dass man die heissen Gläser besser nicht mit der Hand aus dem Backofen nehmen sollte, weil man sich dabei ganz blöd die Finger verbrennt.

Wer mag, gibt Gemüse oder Hackfleisch dazu


Nach endlosen Stunden zeigt sich Rebecca endlich mit der Konsistenz des Sugo in der Pfanne zufrieden. Sie gibt Salz, Pfeffer und die feingeschnittenen Kräuter dazu. Wer mag, kann die Sauce nun noch mit diversem Gemüse wie Rüebli, Lauch oder Auberginen anreichern – und alles nochmals zehn Minuten köcheln lassen. «Man kann das Gemüse oder Hackfleisch aber auch erst dazugeben, wenn man das bis zu einem Jahr gelagerte Sugo zum Essen aufwärmt.»
Zu Guter Letzt holt Rebecca den Pürierstab aus der Schublade und macht das Sugo sprichwörtlich zu Brei. Wichtig ist nun, das fertige Sugo möglichst heiss in die Gläser abzufüllen und diese gut zu verschliessen.

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War’s das jetzt?


Für euch schon. Aber ich kette mich nach diesem Sugo-Marathon an den Küchentisch und drohe so lange zu bleiben, bis ich zumindest einen Mund voll davon probieren darf. Samt Spinat-Linguine vom Töpferhaus Aarau und einem Glas (okay, an die genaue Anzahl kann ich mich nicht mehr genau erinnern) Rotwein. Als mein Gaumen endlich in den Genuss der verdoppelten Hälfte von der Hälfte kommt, weiss ich: Rebecca hat sowas von recht, dass sie sich richtig lange Zeit nimmt für das Sugo. Und jeder, der etwas anderes behauptet, hat ungeschälte Tomaten vor den Augen.

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