Menschen

Aarau ist für Emilie eine grosse Community geworden

Von der NASA in den Scheibenschachen: Emilie ist ganz zufrieden mit den Zufällen, die das Leben spielt. Sie fühlt sich in Aarau zuhause, hat ein Coworking-Space aufgebaut und möchte dieses weiterentwickeln. Beruflich und privat ist Aarau ihr Lebensmittelpunkt geworden. Und wenn sie im Waldmeier sitzt, träumt sie einen feinen Cocktail schlürfend von den 30er Jahren oder entwickelt Ideen über Veranstaltungen für Familien, die spielerisch Wissenschaft und Technik näher bringen.

Von Silvia Dell’Aquila

Bild und Video: Roman Gaigg

Emilie, 40, selbständig, e-squared.ch

Was hat dich nach Aarau geführt?


Zufall. Als wir 2010 in die Schweiz gezogen sind, wollten wir ursprünglich irgendwo in der Region Zürich wohnen. Wir haben uns dann aber entschlossen, näher zur Familie meines Mannes zu ziehen und haben uns deshalb auf Lenzburg und Aarau konzentriert. In Aarau haben wir schliesslich eine Wohnung bekommen und der Rest ist Geschichte!

Was gefällt dir an Aarau und was nicht?


Obwohl wir eher durch Zufall hier gelandet sind, habe ich mich schnell in Aarau verliebt. Nun ist es mein Lebensmittelpunkt und ich engagiere mich für mein Aarau. Ich fühle mich wohl und als Teil einer Community. Aarau ist genügen klein, dass ich oft Leute in der Stadt antreffe, die ich kenne, aber gleichzeitig genügend gross, um noch ein wenig Anonymität zu geniessen. Für ihre Grösse hat unsere Stadt viel zu bieten: Es hat verschiedene Bars und Restaurants mit einem breiten kulinarischen Angebot und toller Atmosphäre. Und es gibt viele kulturelle Möglichkeiten wie Musik, Theater und Museen. Zudem finde ich es besonders toll, dass viele dieser Orte sehr kinderfreundlich sind und spezielle Angebote für Kinder haben.
Aber es gibt schon auch ein paar Sachen, die mir weniger gefallen. Zum Beispiel fehlt es mir in Aarau an tollen Begegnungszonen. Man kann sich zwar in einem Café oder Restaurant verabreden, aber es wäre auch einfach schön, einen Ort mit bequemen Parkbänken zu haben, wo man sich mit Freunden treffen kann ohne immer etwas konsumieren zu müssen. Und ich finde, es fehlt an begleiteten Aktivitäten für Familien mit kleinen Kindern. Oft muss das Kind mindestens 5 Jahre alt sein, das kleinere Geschwister darf dann nicht mitkommen. Ich würde es toll finden mit meinen kleinen Kindern früh an gemeinsamen Aktivitäten, in Form von Kursen, teilnehmen zu können. Gemeinsam basteln und zeichnen oder zusammen kochen zu lernen oder als Familie wissenschaftliche Entdeckungen machen zu können und gemeinsam die Welt zu erfahren. Wichtig ist dabei vor allem, dass die Aktivität begleitet ist, die Eltern eingebunden und die Familien unterstützt werden. Ich habe schon ein paar Ideen, zum Beispiel Programme wie eine «Family Science Night» oder «Sunday Experiment», die ich während meiner Zeit bei der Amerikanischen Raumfahrtbehörte (NASA) regelmässig durchgeführt habe.

Dein idealer Tag in Aarau?


Meinen idealen Tag starte ich mit meiner Familie in der Tuchlaube mit einem Kaffee und einem petit pain au chocolat, die mich an meine Kindheit in Frankreich erinnern. Dann geht es weiter in ein Museum zur neuesten Ausstellung oder wir flanieren durch die Altstadt und schauen in die Schaufenster der vielen kleinen Lädeli. Über Mittag gehen wir der Aare entlang spazieren und bringen das dazugehörige Picknick gleich selber mit. Der perfekte Tag endet mit engen Freunden und einem feinen Vintage-Cocktail im Waldmeier.


Du bist Teil von einem Team, das Pop Up Work Aarau – ein Coworking Space – auf dem Sauerländerareal aufgebaut hat. Braucht es das in Aarau? Hast du weitere Projekte in der Richtung?


Ja, ich finde es braucht gute Coworking-Spaces. Die Arbeitswelt ändert sich schnell. Und die Menschen brauchen neue Arbeitsmodelle, bei denen zum Beispiel Mütter sich nicht mehr zwischen Karriere und Familie entscheiden müssen. Und ein Umfeld das Kreativität und Entrepreneurship fördert, mit einem offenen Austausch, in dem innovative Lösungen gefunden werden können. Coworking bietet genau das und vieles mehr an, unterstützt durch eine gute Work-Life-Balance. Ausserdem dürfen wir nicht vergessen, dass Aarau viele gute Leute an die grossen Ballungszentren verliert, dadurch fliesst viel Know-how ab. Wenn grosse Teile der erwerbstätigen Einwohnerinnen und Einwohner hierblieben, würde das unserer Stadt nützen: «Hiergebliebene» konsumieren, gehen aus und beleben die Stadt.
Das waren einige unserer Überlegungen, als wir Pop Up Work Aarau im letzten Sommer gestartet haben. Damals war es für uns wichtig, längerfristig den perfekten Ort in Aarau zu finden, aber möglichst rasch damit zu beginnen die Community aufzubauen. Deshalb haben wir uns vorerst für ein Pop-up-Modell entschieden. Jetzt befinden wir uns noch auf dem Sauerländerareal und sind jeden Mittwoch offen. Ein grosses Plus ist das feine und günstige Community-Mittagessen, das wir anbieten. Wir haben aber vor, sobald wir den richtigen Ort gefunden haben, einen Coworking-Space zu schaffen, der die ganze Woche offen hat. Ein weiteres wichtiges Projekt, das ich mitgestalten darf, ist VillageOffice. Wir setzen uns dafür ein, dass Menschen dort arbeiten können, wo sie wohnen: in einem Gemeinschaftsbüro in ihrer Nähe. Für Arbeitgeber/innen die Möglichkeit die Arbeitnehmer/innen an fast 40 Standorten flexibel arbeiten zu lassen. Ganz nach dem Motto «arbeite wo du lebst».
Aus ähnlichen Beweggründen wie oben erwähnt (Work-Life-Balance und Familie) und weil ich nicht mehr nach Zürich pendeln wollte, habe ich mich selbstständig gemacht. Für mich standen auch bei meiner letzten Arbeit immer die Menschen im Vordergrund. Ich habe gesehen, welchen positiven Einfluss ein gutes Team – eine gute Community – auf den Arbeitsalltag und die Ergebnisse hat. Deshalb habe ich mich mehr und mehr in den Bereich Community-Aufbau und Coaching bewegt. Meine Leidenschaft ist es, Menschen so zusammenzubringen und das Umfeld so zu gestalten, dass eine bessere Zusammenarbeit ermöglicht wird, um schlussendlich eine effektivere Gemeinschaft bilden zu können.

Die beste Bar, das beste Restaurant, der beste Club und deinen Lieblingsladen in Aarau?


Die beste Bar ist das Waldmeier. Ich habe oft gedacht, dass ich eigentlich in die 1900er oder 1935er Jahre gehöre. Die Cocktails, die Musik, die Kleider, das Tanzen – die Waldmeierbar bietet mir genau diese Welt.
Das beste Restaurant ist das Imada. Die feinen japanischen Köstlichkeiten werden mit viel Liebe zubereitet und Naoko Thomann-Imada strahlt Ruhe und Gelassenheit aus und vermittelt mir immer das Gefühl willkommen zu sein. Ein Stück Japan in der Mitte Aaraus!
Mein Lieblingsladen ist «The Home Shop». All diese vielen schönen Sachen: Schmuck, kleine Dinge für den Haushalt, Stoffe und so weiter. Ich könnte stundenlang den Laden durchstöbern. Um ehrlich zu sein: insgeheim würde ich gerne einen kleinen Laden aufmachen: «Nik Nacks and Paddy Wacks».

Auf was freust du dich, wenn du nach den Ferien nach Aarau zurückkommst?


Am meisten freue ich mich darauf, meine Familie, Freunde und Nachbarn wieder zu sehen. Wir hatten bisher immer Glück mit unseren Nachbarn und in Aarau haben wir schon viele Freundschaften schliessen können. Wir helfen uns gegenseitig aus (Milch und Zucker am Sonntagmorgen…), geniessen öfters Spontan-Apéros oder laden uns gegenseitig zum gemeinsamen Kochen und Essen ein. Wenn ich von Familie und Freunden umgeben bin, dann weiss ich, dass ich zuhause bin.