Gastkommentar

Der Stadtrat führt aus

Wie wir zu einer Aarebadi kommen, und wie sich die ausführende Gewalt dazu verhält. Sie können mitmachen.

Von Stephan Müller

In der letzten Kolumne schrieb ich unter anderem von der früher geplanten «Schiffahrtmachung» der Aare in Aarau. Ein Freund wies mich darauf hin, dass es wohl eher «Schiffbarmachung» heissen sollte. Er hat recht. Ich habe den Begriff eingegeben bei «Google», es gibt weltweit nur einen einzigen Eintrag: Meine Kolumne We Love Aarau. Irgendwie könnte ich darauf auch stolz sein, nicht? Ich lasse den Begriff also gerne so stehen.

Der Stadtrat führt aus? Die Bürgerinnen und Bürger, gar die Geliebte(n)? Das ist ein schönes Bild, das vielleicht auch dem Stadtrat durchaus gefällt. Aber die Welt ist etwas profaner. Der Stadtrat hat auszuführen, weil er die «ausführende» Gewalt in unserer Demokratie ist. Er hat die Aufträge auszuführen, welche ihm von den Bürgerinnen und Bürgern, oder deren Volksvertretung, in Aarau also vom Einwohnerrat, gegeben werden. Und er darf natürlich auch immer Ausführungen zu seiner Meinung machen, im Rat, in der Öffentlichkeit.

Der Einwohnerrat überwies 2017 eine Bürgermotion, welche den Stadtrat beauftragte, mit einer Vorlage an den Einwohnerrat zu gelangen, die Möglichkeiten für eine Aarebadi vorsieht. Motionen müssen in der Regel innert einem halben Jahr Folge geleistet werden. Nun sind drei Jahre vergangen, und der Stadtrat hat erfreulicherweise immerhin eine Machbarkeitsstudie betreffend möglichen Standorten einer Aarebadi erstellen lassen. Er liess zudem verlauten, dass eine Aarebadi «in 3-5 Jahren» realisiert sein könne.

Sein positives Verhältnis zur Idee ist nicht selbstverständlich. Denn der Stadtrat führte im Rat aus, dass er gegen eine Überweisung der Bürgermotion für eine Aarebadi sei: Dies schon beim knapp gescheiterten ersten Anlauf 2011, wie auch dann wieder beim erfolgreichen Anlauf 2017. Insofern ist es gut und erfreulich, wenn er trotz seinen früheren Ausführungen nun als «ausführende Gewalt» die Aarebadi positiv weiter verfolgt.

Das ist kein Einzelfall: Auch bei der Idee eines universitären Institutes führte der Stadtrat am Anfang aus, das er dagegen sei. Erst nach einem ersten Einwohnerratsbeschluss in diese Richtung fing der Stadtrat auch Feuer und führte dieses Projekt so aus, dass schliesslich das «Zentrum für Demokratie» gegründet werden konnte.

Auch bei einem neuen Feiertag für die Republiksgründung 1798 in Aarau war der Stadtrat zuerst dagegen, führte sogar aus, dass die Bürgermotion ungültig und somit nicht diskutierbar sei. Der Einwohnerrat gab ihm trotz seinen Ausführungen den Auftrag dazu. Auch hier scheint der Stadtrat der Idee nun positiv gesinnt zu sein und will einen Beitrag zur Ausführung leisten.

Auch bei der Idee, in der Kernaltstadt den Stadtbach zu öffnen, und dafür keine Bushaltestellen in die Altstadtgassen hinein zu bauen, führte der Stadtrat zuerst nicht nur aus, dass dies nicht ginge, sondern auch wieder, dass die demensprechende eingereichte Volksinitiative juristisch ungültig sei. Der Einwohnerrat erklärte die Volksinitiative jedoch als gültig, und der Stadtrat führte die Ideen letztlich aus, so dass die Volksinitiative freiwillig zurückgezogen werden konnte. Und der Stadtbach fliesst heute durch die Altstadtgassen.

Die Beispiele zeigen auf: Verschiedene Ideen kamen entgegen den Ausführungen des Stadtrates im Einwohnerrat durch, und der Stadtrat führte danach die Beschlüsse aus. Insofern erfüllte der Stadtrat seine Aufgabe pflichtgemäss und es ist ihm dafür zu danken. Manchmal wünschte man sich aber doch, er nähme die eingehenden Ideen von Anfang an positiv auf und müsste nicht zuerst vom Einwohnerrat dazu gezwungen werden.

Hoffen wir, der Stadtrat führt nun den Auftrag für eine Aarebadi so einzigartig und clever aus, dass diese am Schluss attraktiv und mit einem solchen Alleinstellungsmerkmal daherkommt, wie es beispielsweise der Begriff «Schiffahrtmachung» auf «Google» ist. Und der Stadtrat kann später seine Gäste voller Stolz dorthin ausführen, zum Baden, zum Wein trinken und Ricotta-Gnocchi essen.

P.S.: Mit der vorliegenden Machbarkeitsstudie als Basis, kann ja, wer will, dem Stadtrat Vorschläge für eine orginelle Aarebadi-Ausführung zukommen lassen, indem man/frau ihm – wieso auch nicht – ausführliche spannende Ideen zuhält, die auch gut auszuführen wären.