Kochtopf

Kürbiss zum Morgengrauen

Vergesst Halloween. Und hört auf, gruselige Gesichter in unschuldige Kürbisse zu schnitzen. Es macht nämlich viel mehr Freude, die Dinger zu verspeisen. Köchin Rebecca Moser zeigt, wie es geht: Sie benutzt dazu ein riesiges Messer, einen heissen Ofen und ihre Tränendrüsen.

Von René Moor
Bilder: Valentina Verdesca

Rebecca weint. Es ist das erste Mal, und ich fühle mich schuldig. Wahrscheinlich habe ich wieder eine unpassende Bemerkung gemacht. Wie zum Beispiel: «Ein wilder Kürbiss mich schon mal in die Nase.» Ich weiss, dass solche Sprüche nicht lustig sind. Aber ich will damit auch niemanden zum Weinen bringen. Schon gar nicht Rebecca, doch ihre Tränen kullern immer noch. Vielleicht sollte ihr einfach jemand das Messer wegnehmen. Dann müsste sie aufhören die Zwiebeln zu schneiden, die gleich ins Kürbisragout für die Lasagne kommen.

Rebecca und das Warzenmonster


Auf der Welt gibt es rund 800 Kürbissorten. Rebecca beschränkt sich heute auf deren zwei. Eine davon ist die Pink Jumbo Banana. Der Name verwirrt mich, weil ich gerade gegoogelt habe, dass Kürbisse eigentlich Beeren sind. Da ist es umso witziger, dass die Pink Jumbo Banana im Geschmack an eine Melone erinnert. Der zweite Kürbis, den wir für die Lasagne schlachten, ist ein Musque de Maroc. Dieser monströse dunkelgrüne Kerl sieht so warzig aus, dass er die Hauptrolle in einem Gruselfilm spielen könnte. Rebecca ist das wurscht. Mit ihrem grossen Messer schreitet sie zur Operation.

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Noch ein Rezept als Bonus


Die Queen of Kürbis in der Region ist Sibylle Siegrist aus Küttigen. Auf ihrem Hof wachsen rund 110 verschiedene Sorten an Speisekürbissen und 30 Zierkürbissen. Sibylle Siegrist verkauft die Kürbisse unter anderem am Aarauer Samstagsmarkt und im eigenen Hofladen. Dabei macht es ihr grosse Freude, auch spezielle Sorten anzubieten, damit möglichst viele Menschen in den Genuss der  immensen geschmacklichen Vielfalt der Kürbisse kommen. Besonders angetan ist sie von der orangen Butternuss. «Ihr komplexer fruchtiger Geschmack begeistert mich immer wieder.» Ein einfaches Rezept dazu hat sie auch parat: «Eine orange Butternuss zu gleichen Teilen mit einer normalen Butternuss würfeln und mit Bratbutter in eine Pfanne geben. Die Würfel wie Bratkartoffeln bei hoher Temperatur anbraten, bis sie eine Kruste haben, mit feinem Salz veredeln – fertig.» Ich habe es  ausprobiert – es schmeckt fantastisch. Aber eigentlich sind wir ja wegen der Lasagne hier.

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Jetzt geht’s los


Fürs Kürbisragout gibt Rebecca Olivenöl in die Pfanne, dünstet die Zwiebeln an, gibt die Kürbiswürfel und Wasser dazu, und lässt alles 15 Minuten zugedeckt köcheln. Danach gibt sie Salz, Pfeffer und Berge von Schnittlauch dazu. Dann streicht Rebecca die Gratinform mit Öl aus und legt den Boden mit Lasagneblättern aus. Darüber gibt sie mit der Kelle das fertige Kürbisragout aus der Pfanne. Nachdem alles schön verteilt ist, legt sie die Mozzarellascheiben darauf und streut drei Viertel des geriebenen Parmesans darüber. Danach bedeckt Rebecca alles nochmals mit einer Schicht Lasagneblätter und giesst den Rahm darüber. Und warum nicht eine klassische Bechamel-Sauce? «Ganz einfach, weil es besser schmeckt. Meine Mutter hat das schon so gemacht, und die hatte den Tipp von einer Italienerin.» Dazu muss man wissen, dass Bechamel-Saucen aus Butter, Mehl und Wasser früher als Arme-Leute-Sauce galt, weil sie vor allem sättigt. Schwamm drüber. Oder in diesem Fall besser noch den Pfeffer und den restlichen Parmesan. Finito!

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Taschentücher raus


Weil ich auch bald gesättigt werden möchte, dränge ich darauf, dass die Lasagne endlich mit Deckel obendrauf in den Ofen kommt. Bald ist der Tisch gedeckt und der süffige St. Magdalener Rosso DOC «Classico» 2014 aus dem Südtirol entkorkt, den wir zur Kürbislasagne tütschen. Dann nehme ich den ersten Bissen. Und jetzt muss ich weinen.

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