Kürzlich musste ich bei der Stadt ein Dokument anfordern, das belegt, wie lange ich schon in Aarau wohne. Es sind sage und schreibe 13 Jahre, ich musste selbst kurz schlucken, weil mir das noch gar nicht vorkommt. Dann begann ich zu überlegen, wo ich meine ersten Schritte im Aarauer Nachtleben gemacht habe und die 13 Jahre ergaben plötzlich Sinn: Das Atelier Bleifrei, eine «von einer Künstler-Gruppe geschaffene Utopie zum Arbeiten, Wohnen und Leben», gab es nämlich von 2009 bis 2013 und ich hatte dort damals einen Atelierplatz ergattert. 2009 war ich Anfang Zwanzig, hatte ein eigenes Magazin gegründet und war bereit für die grosse weite Welt. Wenn man aus dem Fricktal kommt, ist die grosse weite Welt manchmal Aarau.
Das Bleifrei jedenfalls war tatsächlich eine Utopie, unter anderem getragen von Kreativen wie Tizian und Géraldine Baldinger, Marc Bachmann, Céleste Urech, Valentin Ismail und Melanie Müller. An grosse Teile meiner Besuche kann ich mich nur noch schwammig erinnern, das glitzrige Gefühl, das einem die Partys und Konzerte in den weitläufigen Räumen der ehemaligen Garage gaben, bleibt aber in den Knochen. Es fing damals an, regelmässig nach Berlin zu reisen und suchte dieses Kribbeln, das ich dort fand, zu Hause lange vergeblich. Bis es eben das Bleifrei gab. Ich fand immer, dieser Ort war ein bisschen wie Warhol’s Factory, but make it Kleinstadt.
Im Sommer 2013 schloss das Zauberland dann seine Türen für immer, das Gebäude wurde abgerissen und ähnliche Orte wie etwa die Rolling-Rock-Zwischennutzung auf dem Gelände in der Nähe wurden dem Erdboden gleichgemacht. Und dann war es lange sehr still und gesittet im Aarauer Ausgang, mit Ausnahme von ein paar halb-legalen Raves hie und da unter Bächen oder in Büroräumen. Bis jetzt: Mit der Zwischennutzung im alten Rockwell-Gebäude im Torfeld Süd gehen und gingen wortwörtlich gleich mehrere Türchen auf, die Gutes verheissen: Das Kubo zum Beispiel, basisdemokratisch organisiert von einer wild gemischten Truppe zwischen 18 und 35 bezeichnet sich selbst als «Raum für alternative Kultur, und das mitten in Aarau». Das Kubo versteht sich als Ort, der weder Konsumzwang noch sonstige profitorientierte Logik voraussetzt. Ich dachte ja zuerst, dass dank Kubo einfach endlich mal wieder (!) richtig gute (!) Punk-Konzerte stattfinden in Aarau, aber das Kollektiv bietet noch mehr: Essen, regelmässige Quiz, eine Bibliothek, Reparaturwerkstatt, Bewegungsraum und Kino, um nur einige Angebote zu nennen. Neben dem Kubo gibts auch noch das Offspace-Projekt Wellrock, eine Möglichkeit zum offenen Austausch und Zusammenarbeiten von Künstler:innen, eröffnet wird am Sonntag mit einem Doppelkonzert.
Mein Herz macht das richtig froh, vor allem, weil sich endlich mal wieder junge Menschen austoben dürfen. Eine liebe Freundin von mir ist Teil des Kubo-Kollektivs und wenn der Rest nur 10 Prozent ihrer Energie hat, dann steht dem Projekt eine wilde Zukunft bevor – zumindest, bis das Gebäude ebenfalls abgerissen wird, weil Eskalation lässt man in Aarau offenbar nur in Massen zu. Schade, denn Freiräume wären zwar da, aber schwierig zu bekommen. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Stadt endlich mehr bemüht, diese Räume auch dauerhaft und erschwinglich zugänglich zu machen. Ideen – und Bedarf! – gäbe es zur Genüge.
Das Bleifrei jedenfalls war tatsächlich eine Utopie, unter anderem getragen von Kreativen wie Tizian und Géraldine Baldinger, Marc Bachmann, Céleste Urech, Valentin Ismail und Melanie Müller. An grosse Teile meiner Besuche kann ich mich nur noch schwammig erinnern, das glitzrige Gefühl, das einem die Partys und Konzerte in den weitläufigen Räumen der ehemaligen Garage gaben, bleibt aber in den Knochen. Es fing damals an, regelmässig nach Berlin zu reisen und suchte dieses Kribbeln, das ich dort fand, zu Hause lange vergeblich. Bis es eben das Bleifrei gab. Ich fand immer, dieser Ort war ein bisschen wie Warhol’s Factory, but make it Kleinstadt.
Im Sommer 2013 schloss das Zauberland dann seine Türen für immer, das Gebäude wurde abgerissen und ähnliche Orte wie etwa die Rolling-Rock-Zwischennutzung auf dem Gelände in der Nähe wurden dem Erdboden gleichgemacht. Und dann war es lange sehr still und gesittet im Aarauer Ausgang, mit Ausnahme von ein paar halb-legalen Raves hie und da unter Bächen oder in Büroräumen. Bis jetzt: Mit der Zwischennutzung im alten Rockwell-Gebäude im Torfeld Süd gehen und gingen wortwörtlich gleich mehrere Türchen auf, die Gutes verheissen: Das Kubo zum Beispiel, basisdemokratisch organisiert von einer wild gemischten Truppe zwischen 18 und 35 bezeichnet sich selbst als «Raum für alternative Kultur, und das mitten in Aarau». Das Kubo versteht sich als Ort, der weder Konsumzwang noch sonstige profitorientierte Logik voraussetzt. Ich dachte ja zuerst, dass dank Kubo einfach endlich mal wieder (!) richtig gute (!) Punk-Konzerte stattfinden in Aarau, aber das Kollektiv bietet noch mehr: Essen, regelmässige Quiz, eine Bibliothek, Reparaturwerkstatt, Bewegungsraum und Kino, um nur einige Angebote zu nennen. Neben dem Kubo gibts auch noch das Offspace-Projekt Wellrock, eine Möglichkeit zum offenen Austausch und Zusammenarbeiten von Künstler:innen, eröffnet wird am Sonntag mit einem Doppelkonzert.
Mein Herz macht das richtig froh, vor allem, weil sich endlich mal wieder junge Menschen austoben dürfen. Eine liebe Freundin von mir ist Teil des Kubo-Kollektivs und wenn der Rest nur 10 Prozent ihrer Energie hat, dann steht dem Projekt eine wilde Zukunft bevor – zumindest, bis das Gebäude ebenfalls abgerissen wird, weil Eskalation lässt man in Aarau offenbar nur in Massen zu. Schade, denn Freiräume wären zwar da, aber schwierig zu bekommen. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Stadt endlich mehr bemüht, diese Räume auch dauerhaft und erschwinglich zugänglich zu machen. Ideen – und Bedarf! – gäbe es zur Genüge.
Über
Ausgewählte Aarauerinnen und Aarauer schreiben in der Rubrik «Gastkommentar» über ihre Sicht auf die Dinge und die Stadt.
Miriam Suter ist Journalistin und aus dem Fricktal nach Aarau geflüchtet. Sie schreibt vor allem über feministische Themen und produziert zusammen mit der Poetry Slammerin Lisa Christ den Podcast «Faust und Kupfer».