Die Alpenwelt beschäftigte schon Johann Rudolfs Vater. In den Jahren 1796 bis 1802 liess Johann Rudolf Meyer senior von Johann Heinrich Weiss die Schweizer Alpen vermessen, 1802 legten sie mit dem «Altas suisse» oder «Meyer-Weiss-Atlas» das erste genau Kartenwerk der Schweiz vor. Auch wenn Weiss für seine Vermessungsarbeiten vom Grimsel her zum Fieschergletscher vorstiess, die Gletscherwelt der Jungfrauregion blieb ungenau abgebildet.
Die Vermessungsarbeiten von Meyer und Weiss passen in die alpinen Unternehmungen des 18. Jahrhunderts. Damals dominierte das Interesse an der Erforschung der Alpenwelt. Naturforscher wie der Genfer Horace Bénédict de Saussure, der 1787 erstmals den Mont Blanc bestieg, schleppten Messinstrumente zur Bestimmung von Temperatur, Luftdruck, Luftfeuchtigkeit oder zur Bestimmung der Farbintensität der Himmelsfarbe mit.
Auch Johann Rudolf Meyer interessierte sich für Geologie, Flora und Fauna der Alpenwelt, zudem wollte er 1811 herausfinden, wie die einzelnen Gletscher um den Konkordiaplatz zusammenhängen und damit das Kartenwerk des Vaters präzisieren. Gleichzeitig zeichnete sich bei Meyer ein neuartiges Interesse ab: Die Besteigung der Gipfel selbst als Abenteuer und Selbstzweck. In seinem Bericht Reise auf den Jungfrau-Gletscher und Ersteigung seines Gipfels von 1811 schreibt Meyer, er habe bewusst auf das Mitführen von Forschungsausrüstung verzichtet, «da wir selbst an der Möglichkeit zu zweifeln Ursache hatten, diesen steilen Eisthurm in einer noch nie von Sterblichen besuchten Gegend zu ersteigen (…) aus billiger Furcht, uns eben durch diese (die Instrumente, Anm.) vielleicht an den äussersten Wagestücken hindern zu lassen.»
Gemäss Meyer gelingt die Besteigung der Jungfrau, doch sein Bericht wird in Zweifel gezogen. Insbesondere weil die angeblich angebrachte Fahne auf dem Gipfel vom Tal aus nicht zu sehen gewesen sei.
Im Folgejahr brach Meyer erneut mit Hieronymus und seinen Söhnen Gottlieb und Johann Rudolf auf. Gottlieb bestieg die Jungfrau erneut, sein Bruder Johann Rudolf überschritt das Eismeer nach Grindelwald. Drei der Walliser Führer sollen gar das Finsteraarhorn – den «höchsten Gipfel der Schweiz» – bestiegen haben. Auch Forschung wurde nun betrieben. Regelmässig mass die Gruppe die Temperatur, um sie anschliessend mit Referenzmessungen in Aarau zu vergleichen. Heinrich Zschokke persönlich übernahm die Messungen in Aarau am Laurenzentor.
Und aus Heinrich Zschokkes Feder stammt auch der Bericht der zweiten Expedition, wie er ihn von Johann Rudolf Meyer, dem Sohn von Johann Rudolf, erhielt. Zschokkes Bericht legt seinerseits Zeugnis davon ab, dass sich die Sichtweise auf die Bergwelt und den Alpinismus zu wandeln begann:
«Der Fiescher- und Aletschgletscher und See gewähren dem Liebhaber der landschaftlichen Natur Aussichten, die ihn für die kleinen Mühen vollkommen entschädigen. Vom Hospital auf der Grimsel aus kann man Abstecher nach allen Gegenden hin machen, und bei üblem Wetter immer dahin zurückkehren, um sich zu erquicken. Die Bedienung an einem so entlegenen Orte ist über alle Erwartung gut, ohne dass der Wirth darum jeden für einen reichen Engländer hält.»
Über die Abenteuer und Erlebnisse während der beiden Jungfrauexpeditionen sowie den Wandel im Alpinismus diskutieren Simon und Manuel in ihrer neusten Episode von «Geschichten aus Aarau».
Die Folge kann auch auf Apple Podcast abgespielt werden.
Bild: Ausschnitt der Jungfrauregion im Meyer-Weiss-Atlas von 1802. Datenbank AGIS, Daten des Kantons Aargau, abgerufen am 22.11.2025.
Die Vermessungsarbeiten von Meyer und Weiss passen in die alpinen Unternehmungen des 18. Jahrhunderts. Damals dominierte das Interesse an der Erforschung der Alpenwelt. Naturforscher wie der Genfer Horace Bénédict de Saussure, der 1787 erstmals den Mont Blanc bestieg, schleppten Messinstrumente zur Bestimmung von Temperatur, Luftdruck, Luftfeuchtigkeit oder zur Bestimmung der Farbintensität der Himmelsfarbe mit.
Auch Johann Rudolf Meyer interessierte sich für Geologie, Flora und Fauna der Alpenwelt, zudem wollte er 1811 herausfinden, wie die einzelnen Gletscher um den Konkordiaplatz zusammenhängen und damit das Kartenwerk des Vaters präzisieren. Gleichzeitig zeichnete sich bei Meyer ein neuartiges Interesse ab: Die Besteigung der Gipfel selbst als Abenteuer und Selbstzweck. In seinem Bericht Reise auf den Jungfrau-Gletscher und Ersteigung seines Gipfels von 1811 schreibt Meyer, er habe bewusst auf das Mitführen von Forschungsausrüstung verzichtet, «da wir selbst an der Möglichkeit zu zweifeln Ursache hatten, diesen steilen Eisthurm in einer noch nie von Sterblichen besuchten Gegend zu ersteigen (…) aus billiger Furcht, uns eben durch diese (die Instrumente, Anm.) vielleicht an den äussersten Wagestücken hindern zu lassen.»
Gemäss Meyer gelingt die Besteigung der Jungfrau, doch sein Bericht wird in Zweifel gezogen. Insbesondere weil die angeblich angebrachte Fahne auf dem Gipfel vom Tal aus nicht zu sehen gewesen sei.
Im Folgejahr brach Meyer erneut mit Hieronymus und seinen Söhnen Gottlieb und Johann Rudolf auf. Gottlieb bestieg die Jungfrau erneut, sein Bruder Johann Rudolf überschritt das Eismeer nach Grindelwald. Drei der Walliser Führer sollen gar das Finsteraarhorn – den «höchsten Gipfel der Schweiz» – bestiegen haben. Auch Forschung wurde nun betrieben. Regelmässig mass die Gruppe die Temperatur, um sie anschliessend mit Referenzmessungen in Aarau zu vergleichen. Heinrich Zschokke persönlich übernahm die Messungen in Aarau am Laurenzentor.
Und aus Heinrich Zschokkes Feder stammt auch der Bericht der zweiten Expedition, wie er ihn von Johann Rudolf Meyer, dem Sohn von Johann Rudolf, erhielt. Zschokkes Bericht legt seinerseits Zeugnis davon ab, dass sich die Sichtweise auf die Bergwelt und den Alpinismus zu wandeln begann:
«Der Fiescher- und Aletschgletscher und See gewähren dem Liebhaber der landschaftlichen Natur Aussichten, die ihn für die kleinen Mühen vollkommen entschädigen. Vom Hospital auf der Grimsel aus kann man Abstecher nach allen Gegenden hin machen, und bei üblem Wetter immer dahin zurückkehren, um sich zu erquicken. Die Bedienung an einem so entlegenen Orte ist über alle Erwartung gut, ohne dass der Wirth darum jeden für einen reichen Engländer hält.»
Über die Abenteuer und Erlebnisse während der beiden Jungfrauexpeditionen sowie den Wandel im Alpinismus diskutieren Simon und Manuel in ihrer neusten Episode von «Geschichten aus Aarau».
Die Folge kann auch auf Apple Podcast abgespielt werden.
Titelbild: Ausrüstung und Material der Meyer’schen Jungfrauexpeditionen dürften derjenigen von Horace Bénédict de Saussure im Jahre 1787 ähnlich gewesen sein.
Retour de l’Ascension de Mr. De Saussure au Mont Blanc en 1787 ; Souvernirs de la Suisse, von A. Cuivillier, Chromolithografie nach 1861. Schweizerische Nationalbibliothkek, Sign. GS-GUGE_31_74. (wikimedia commons).
Retour de l’Ascension de Mr. De Saussure au Mont Blanc en 1787 ; Souvernirs de la Suisse, von A. Cuivillier, Chromolithografie nach 1861. Schweizerische Nationalbibliothkek, Sign. GS-GUGE_31_74. (wikimedia commons).
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Zeitreise
We Love Aarau macht regelmässig mit Geschichten und Anekdoten eine Reise ins vergangene Aarau.
In ihrem Podcast «Geschichten aus Aarau» tauchen die Aarauer Historiker Manuel Näf und Simon Kalberer monatlich in die Vergangenheit unserer Stadt ein. Das Ziel: Geschichte vor der eigenen Haustüre erleben. Erstausstrahlung des Podcasts jeweils am letzten Montag des Monats um 18.00 Uhr auf Radio Kanal K.



