Gastkommentar

Genie in Aarau

Ein Stein wurde hier ins Rollen gebracht.

Von Lydia Klotz und Eleonora Sartori

 

E=mc2 – Diese Formel hat wohl so gut wie jede Person ein Mal im Leben lernen müssen (verstehen ist da nochmal eine ganz andere Sache) oder zumindest von ihr gehört. Diesen Gastkommentar widmen wir Albert Einstein, einem Genie, das Verbindungen zu Aarau hat, als auch zu Zürich und Berlin, wo wir gerade wohnen. Unsere Wege scheinen sich immer wieder zu kreuzen, auch wenn nicht zur gleichen Zeit.

Aarauer Zeit


Albert Einstein hat viele Spuren in Aarau hinterlassen. Er hat quasi ‘ein(en) Stein’ ins Rollen gebracht. So ist das ‘Restaurant EINSTEIN’, welches mit seiner Urban Gardening-Terrasse auffällt, nach dem Genie benannt. Gastronomen vom Restaurant EINSTEIN sind Teil von Genusshoch10 einer Gastronomengruppe, welche sich mit dem Anliegen zusammengeschlossen hat, «Genuss zu potenzieren» (Q6) – wer weiss vielleicht ist sogar die Namensidee in Anlehnung an Einsteins Relativitätstheorie entstanden.
Mit Lichtgeschwindigkeit arbeitet nicht nur Einsteins E= mc2 -Formel. Ein pro AKSA-Argument auf die häufig geführte Diskussion “AKSA oder NKSA” wird des Öfteren quasi mit Lichtgeschwindigkeit aufgebracht: «Einstein ist an der AKSA zur Schule gegangen». Erstaunlich, wie seine einjährige Präsenz an der heutigen Alten Kantonsschule Aarau noch heute, über 120 Jahre später, Spuren hinterlässt, Argumente prägt und vielleicht sogar zur Wahl der Kantonsschule beiträgt.
Bereits der Schulweg an die AKSA bringt einen möglicherweise ins Grübeln über das weltbekannte Genie, welches kurze Zeit in Aarau verbracht hat. Denn die Bahnhofsunterführung «Einstein-Passage» und eine dazugehörige Gedenktafel sind Albert Einstein gewidmet. Die Passage ist Einsteins «Aarauer Frage» gewidmet: Der Frage, ob man ein zeitunabhängiges Wellenfeld vor sich hätte, wenn man einer Lichtwelle mit Lichtgeschwindigkeit nachlaufen würde. Es handelt sich dabei um einen Denkanstoss bezüglich seiner später entwickelten Relativitätstheorie. Diesen Denkanstoss hat das Architekturstudio Vehovar & Jauslin in die Passage eingebunden, indem das Vorbeilaufen von Passantinnen und Passanten ein Tages- und Jahreszeit beeinflusstes Bild in Form von Lichtkunst auslöst. (Q7)
Einstein selbst musste den Bahnhof für seinen Schulweg nicht durchqueren. Er hatte das Glück praktisch Nachbar der Alten Kantonsschule sein zu dürfen. Seine Aarauer Präsenz ist deshalb stark auf die AKSA fokussiert.


Doch wie genau kam es dazu, dass Albert Einstein nach Aarau kam? Einsteins Wunsch an der Eidgenössischen Polytechnischen Schule in Zürich (heute ETH) zu studieren, scheiterte an der nicht vorhandenen Schweizer Matura und der nicht bestandenen Aufnahmeprüfung. Auf Empfehlung hin besuchte er deshalb die Aargauische Kantonsschule (heute Alte Kantonsschule Aarau – AKSA).
Gewohnt hat er ab 1895 in der Laurenzenvorstadt 119 bei einem seiner Lehrer. (Q1) Nebst Naturwissenschaften weckte auch die Tochter dieses Lehrers seine Aufmerksamkeit, denn er verliebte sich in dessen Tochter, Marie Winteler. (Q2) Eine Liebesgeschichte, die dem Anschein nach aufgrund der späteren Distanz und veränderter Lebensumstände Einsteins endete. Ein im Jahre 2015 publik gemachter Liebesbrief von Einstein an Marie Winteler, der Lehrerstochter, zeigt jedoch, dass Einsteins Liebe zu Marie wohl nicht ganz verflossen ist und Einsteins Verbindung mit Aarau erhalten blieb und seine Gedanken nebst Physik gewissermassen in Aarau waren: «Ich denke in innigster Liebe an Dich in jeder freien Minute». (Q3)
Ein weit verbreitetes Missverständnis, welches noch heute des Öfteren als schlagfertige Antwort von Schüler:innen der Kanti an ihre Eltern gegeben wird, welche Kritik gegenüber ihren Schulnoten äussern, lautet: «Einstein war auch ein schlechter Schüler» soll ‘leider’ nicht stimmen. (Q4) Das Gerücht sei basierend auf einer Biographie über Albert Einstein entstanden, welche die beste Schulnote 6 mit der deutschen Note 6 (der schlechtesten Note) verwechselt hat. (Q5)

Züricher Zeit


Nach seiner Aarauer Zeit zog es Einstein, genau wie Eleonora, nach Zürich. Mit gerade einmal 17 Jahren bewarb er sich an der ETH. Allerdings scheiterte er beim ersten Versuch an der Aufnahmeprüfung und ging, wie oben beschrieben, ein Jahr auf die Alte Kantonsschule in Aarau. 1896 wurde er schliesslich an der ETH zugelassen und studierte Physik und Mathematik. Während seines Studiums erhielt er zudem die Schweizer Staatsbürgerschaft (Q13). 1900 schloss Einstein sein Studium ab und arbeitete anschliessend als Assistent an der Universität (Q8). Dort traf er, ganz ohne Online Dating, auf seine zukünftige Frau, Mileva Maric, welche eine Kommilitonin an der ETH war (Q12).
Wenn es an der UZH wie so oft keinen Platz mehr hat, lautet der nächste Anhaltspunkt: «Treffen wir uns zum Kaffe & Lernen im Einstein?» Die Cafeteria bei der Polyterrasse bietet eine ziemlich gemütliche Lernatmosphäre. Ob aber Einstein in dieser Cafeteria wirklich konzentriert hätte arbeiten können, sei dahingestellt. Vielleicht war Einstein auch gar nicht auf einen solchen Lernplatz angewiesen, denn er hatte das Glück, einen Wohnplatz im Studentenwohnheim ‘Polybahnhaus’ (Q9) gefunden zu haben.

Berliner Zeit


Nach weiteren Etappen in anderen Städten und Ländern zog es Einstein 1914 nach Berlin. Auch dort erinnert Einiges an den Nobelpreisträger. Er lebte von 1914 bis 1932 in Berlin und ist hier noch sehr präsent. So gibt es beispielsweise den Einstein-Park samt Statuen: eine stellt den jungen Einstein dar, die andere den älteren, das Albert-Einstein-Gymnasium, einen eigenen Reiseführer (Einsteins Berlin – Auf den Spuren eines Genies) und auch die legendären Einstein-Cafés. In einem solchen sitze ich gerade, während ich diese Zeilen schreibe. Ich möchte einen Tag in Einsteins Schuhen verbringen. Die Café-Kette gab es zu seiner Zeit allerdings noch nicht und auch sonst hat sich das Stadtbild sehr verändert.



Einstein wohnte einst in der Haberland-Strasse in West-Berlin (als er aus Zürich ankam, wohnte er davor ein paar Monate in der Ehrenbergstrasse), wo heute eine Tafel an ihn erinnert. Hier hat Einstein wohl Berühmtheiten wie Charlie Chaplin, Franz Kafka und Gerhart Hauptmann empfangen. In einem prächtigen Eckhaus hat er gelebt, doch von diesem ist heute aufgrund von Bombenanschlägen im Zweiten Weltkrieg nichts mehr zu sehen. Dort steht nun ein unauffälliger Wohnblock.



In Berlin war er an der Preussischen Akademie der Wissenschaften tätig, welche heute als Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften weiter existiert. Dann wurde er Professor und Direktor am Kaiser Wilhelm Institut für Physik, heute als Max-Planck-Institut bekannt.

1932 brach er zu einer USA-Reise auf und «kehrte unter dem Eindruck anti-semitischer Anfeindungen» nicht nach Berlin zurück (Q10). 1933 wurde seine Wohnung von der Gestapo überfallen, sein Haus auf dem Land in der Nähe von Berlin wurde zu einem Hitler Jugendcamp (Q11). Seine Publikationen/Werke wurden im selben Jahr bei der grossen Bücherverbrennung der Nazis verbrannt (ibid.). Einstein gab seinen deutschen Pass auf und wurde Amerikaner (ibid). Dieses traurige Schicksal schwingt mit, wenn man die Stadt auf den Spuren Einsteins durchquert. Das sah zu seiner Aarauer Zeit alles noch etwas hoffnungsvoller aus.

Schluss


Einstein lief durch Aarau, Zürich und Berlin. Wie wir. In Aarau legte er die Grundsteine für seine Karriere, in Zürich machte er erste wichtige Entdeckungen und stellte Theorien auf, in Berlin kam seine Relativitätstheorie schliesslich zum Durchbruch.
Von einer nicht bestandenen Aufnahmeprüfung, politischer Verfolgung und Steinen, die ihm in den Weg gelegt wurden, liess er sich nicht davon abhalten, seinen Weg zu gehen.

Wir beenden den Gastkommentar mit einem Zitat Einsteins, welchem wir zustimmen würden: «Die besten Dinge im Leben sind nicht die, die man für Geld bekommt.»
Quellen:

Q1:
https://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Einstein
Q2: https://www.srf.ch/news/regional/aargau-solothurn/der-junge-einstein-physiker-und-frauenheld

Q3:
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/aarau/einstein-war-schon-verheiratet-und-doch-liebte-er-maria-die-offenbarung-eines-liebesbriefs-ld.1483248

Q4:
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/aarau/boses-gerucht-albert-einstein-war-kein-schulversager-ld.1926974

Q5:
https://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Einstein

Q6:
http://www.genusshoch10.ch/, https://www.presseportal.ch/de/pm/100018520/100594177

Q7: https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/aarau/einstein-passage-im-aarauer-bahnhof-eingeweiht-ld.2050483
https://www.swiss-architects.com/de/vehovar-and-jauslin-zurich/project/lichtkunst-einsteinpassage-aarau

Q8:
https://library.ethz.ch/standorte-und-medien/plattformen/kurzportraets/einstein-albert-1879-1955.html

Q9:
https://www.stadt-zuerich.ch/prd/de/index/stadtarchiv/bilder_u_texte/texte_zu_albert_einstein/die_wohnhaeuser_alberteinsteinsinzuerich.html#:~:text=Dolderstrasse%2017%2C%20Z%C3%BCrich%2DHottingen,-Bild%20vergr%C3%B6ssern&text=In%20diesem%20Haus%20wohnte%20Albert%20Einstein%20vom%2011.%20Oktober%201900,Mai%201901.
https://library.ethz.ch/standorte-und-medien/plattformen/kurzportraets/einstein-albert-1879-1955.html

Q10: https://www.deutschlandfunkkultur.de/auf-den-spuren-albert-einsteins-in-berlin-100.html

Q11:
https://www.berlinunwrapped.com/2022/05/18/einstein-in-berlin/

Q12:
https://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Einstein

Q13:
https://www.nzz.ch/newzzDLQJ27KT-12-ld.274934?reduced=true