Stadtmusik

Die Unsichtbaren, die Unbekannte und der Unnötige

Der Record-Store-Day im Dezibelle und das neue Album einer Band, die es nicht gibt, geben genug Futter für diesen Musiktipp. Und wer kennt eigentlich Susan Phillips?

Von Gianni Keller und Miriam Suter

Gorillaz «Humanz»


Die Gorillaz sind eine fiktive Band. Die Band gab es nie, und doch veröffentlichen sie ihr neues Album «Humanz», um nicht vergessen zu werden. Bereits bei den ersten Songs wie «Ascension» oder «Saturnz Barz» fragt man sich aber, ob das noch die Gorillaz sind. Doch dann gibt es sie ja nicht und somit können sie auch nicht wie früher klingen, da es sie da auch noch nicht gab. Diese grosse Verwirrung lässt sich mit der Erkenntnis entschärfen, dass es sich bei der Band um ein Kollektiv von Musikern und Musikerinnen handelt. Klar ist Blurs Albarn noch dabei, doch vieles hat sich geändert. Es sind neue Artisten wie Popcaan oder Danny Brown dazugestossen. Die Gorillaz mischen diese neuen Stimmen mit alten wie die von Mavis Staples im Song «Let Me Out», der zu den Höhenpunkten des Albums zählt. Auch «Carnival» mit Anthony Hamilton wummert wie zuvor das grossartige Album «Plastic Beach». Diese Höhen werden leider auch von Tiefen wie den ersten beiden genannten Songs gebrochen. Somit wirkt «Humanz» etwas durchzogen, doch mehrheitlich wird es den hohen Erwartungen gerecht.



Susan Phillips «Soft Sexy Soul»


«Soft Sexy Soul» von Susan Phillips wurde für den Record-Store-Day veröffentlicht. Als sich im Dezibelle die Leute versammelten fragten viele was das für ein Album sei, denn niemand scheint von Susan Phillips gehört zu haben. Eine Antwort ist aus dem selben Grund ebenfalls schwierig. Reinhören konnte man nicht, da das Album noch verschweisst war, und auch Youtube wusste nicht viel. Aber auf dem Cover steht «Soft Sexy Soul», und schon kaufte ich es. Erstaunlicherweise ist Susan Phillips keine Soulsängerin unter vielen, die es nicht geschafft hat. Ihre Songs sind überdurchschnittlich gut. Wie der Titel es verspricht. singt Phillips geschmeidig zu den sanften Arrangements. Für «Goodbye My Love» zeigt sie sich von ihrer Disco-Seite, doch meistens erzählt sie ihre Liebesgeschichten melancholisch wie bei «That’s What I Do» oder «This I’ll Guarantee». «Soft Sexy Soul» sollte bei jedem und jeder SoulsammlerIn zuhause im Regal stehen. Auch, um Susan Phillips so bekannt zu machen, wie sie es verdient hat.



David Bowie «No Plan EP»


«No Plan» ist eine nachträglich, auf den Record-Store-Day. veröffentlichte EP zu Bowies letztem Album «Blackstar». Dieses Meisterwerk ist eines der besten Alben 2016 und hat durch Bowies anschliessenden Tod den Status der Unsterblichkeit bekommen. Logischerweise war die Vorfreude riesig als bekannt wurde, dass es unveröffentlichte Songs dieser Session geben wird. Doch man fühlt sich wie ein kleines Kind an Weihnachten, welches Socken in einer Playstationschachtel geschenkt bekommt. Um es kurz zu machen: der erste Song «Lazarus» ist bereits auf dem regulären Album, der zweite ist mässig, der dritte schlecht und der vierte gut – dann ist man bereits am Ende angelangt. Der letzte Song «When I Met You» ist poppig und frisch und aus diesem Grund wahrscheinlich nicht auf dem düsteren «Blackstar» zu finden. Doch ist er so gut, dass man sich die ganze EP kaufen muss? Nein, sicher nicht. Will man unbedingt Geld ausgeben, kauft man sich besser nochmals «Blackstar».