Voyeur:in

Florian, sechs Jahre Altstadt

Florian zeigt uns seine Wohnung in der Metzgergasse und erzählt von den Vor- und Nachteilen des Lebens in der Altstadt, das spannend und nicht alltäglich ist.

Von Olga Kuck

Bilder: Roman Gaigg

Es ist die erste und bisher einzige eigene Wohnung, in der Florian gelebt hat. Das Haus gehörte ursprünglich seinem Grossvater und wurde später an Florians Tante vererbt. Der junge Ingenieur geniesst es, dass er die vier Wände für sich hat. Als er die Wohnung zum ersten Mal gesehen hat, wollte er sie unbedingt haben.

Seit sechs Jahren lebt Florian schon in Aarau, in seiner ersten eigenen Wohnung.

Ein Leben in der Altstadt ist aber nicht für Jede:n – entweder man liebt es oder wechselt relativ rasch in eine urbanere Gegend. Für Florian gibt es klare Vor- und Nachteile.

Balkon und Terrasse kann man in der Altstadt als angenehmen Luxus bezeichnen.

Er musste schnell lernen, mit Räumen klarzukommen, die nicht dem Standard entsprechen. In einem Altbau gibt es selten Ecken, die genau 90 Grad entsprechen. In den meisten Fällen hat es auch nicht unbegrenzt Platz. Florian musste sein Hab und Gut mit einem Kran zügeln. Da es keinen Veloparkplatz hat, muss er im Alltag die Bikes durch das enge Treppenhaus rauf- und runtertragen. Dafür hat er als praktisch Einziger in dieser Strasse einen Balkon plus Terrasse.
Wenn man in der Altstadt lebt, muss man sich auf Ecken und Kanten einstellen.

Einer der grössten Vorteile ist, dass Florian im Parterre des Hauses eine eigene Bar eröffnen konnte: das «Näscht». Damit wohnt er nicht nur sehr zentral, sondern kann auch immer unter Leute kommen, wenn ihm danach ist. Die Stadt ist ein grosses Dorf und das ist auch sehr spannend. Wo sieht sich Florian in den nächsten fünf Jahren? Wahrscheinlich nicht mehr in derselben Wohnung. So langsam ist ihm nach etwas mehr Ruhe. Die Altstadt ist ein schöner Wohnort, wenn man jung ist. Dass man immer Leute trifft, sobald man aus der Haustüre kommt, kann einen sozial auch schnell sättigen. Für Aarau wünscht sich Florian, dass der Bus nicht mehr so oft durch die Altstadt fährt.

Mal schauen, wo der junge Mann sein nächstes «Näscht» findet.

Florians Wunsch an Aarau wäre, dass der Bus weniger oft durch das Städtchen fährt.



Das Forum Schlossplatz zeigt ab dem 3. September 2021 die Ausstellung «my home is my castle – das Private als Schutzraum». Die Ausstellung formuliert die ambivalente Kostbarkeit unseres Daheims und setzt damit ein Fragezeichen hinter die im Volksmund geläufige Redewendung. We Love Aarau zeigt während der Ausstellungsdauer in der Rubrik «Voyeur:in» wie Aarauer:innen wohnen – in verschiedenen Quartieren Wohnsitautionen und Wohnformen. Was zeigen die Menschen, was geben sie preis oder schützen als Privatsphäre? Was beschäftigt sie an der Wohnsituation oder was gefällt ihnen gut? Was ist ihnen beim Wohnen wichtig? Die ersten Portraits sind eine Kooperation mit dem Forum Schlossplatz und auch in der Ausstellung einsehbar – und zwar in der dort eigens eingerichteten «guten Stube».