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Komm, ich erzähl dir eine Geschichte

Der argentinische Autor, Psychiater und Gestalttherapeut lässt mit seinen Geschichten Kompliziertes einfach werden.

Von Oona Thrier

 

«Komm, ich erzählt dir eine Geschichte» gibt die Gespräche zwischen Demian und seinem Psychiater wieder. Demian ist ein junger Student auf der Suche nach sich selbst, beladen mit einigen Fragen zum Leben, Problemen mit sich und seinem Umfeld. Sein Psychiater ist ein schier unerschöpflicher Quell von Denkanstössen. Als Leser:in sitzt man mit den beiden Herren im Therapiezimmer und erlebt die Geschichte Demians hautnah mit. Herausstechend ist aber die Therapiemethode Jorges. Anstelle von konkreten Anweisungen erzählt er von kurzen farbenfrohen Geschichten, Anekdoten, Witze und Parabeln, Märchen oder Fabeln. Sein Ziel: Demian zum reflektierten Denken anregen und das gelingt ihm eben unglaublich souverän.

Bereits die erste Geschichte hat mich umgehauen. Eine Geschichte über den Elefanten, der an einen kleinen Pflock angekettet verharrt, obwohl er alle Kraft hätte sich zu befreien… eine Metapher auf uns alle, dass wir manchmal gesteckte Grenzen viel zu schnell akzeptieren, weil uns ein Leben lang eingeredet wird, dass wir dies oder jenes nicht können. Würden wir es nur nochmal ausprobieren, könnten wir diese Grenzen sprengen und alte Glaubenssätze endlich in den Wind schiessen. Diese Metapher ist bei weitem nicht die einzige, die mir besonders in Erinnerung geblieben ist.

Was dieses Buch für mich so magisch macht, ist, dass Jorge Bucay es schaffte, ein Stück von jedem von uns darin zu vereinen. Wir verfolgen das Geschehen in Demian nicht nur mit, sondern werden auch selbst zum Reflektieren angeregt und das völlig unabhängig davon, in welcher Lebenssituation wir gerade stecken.

Das Buch kann als E-Buch oder Hörbuch in der Stadtbibliothek ausgeliehen werden.
Jorge Bucay / Komm, ich erzähl dir eine Geschichte. Fischer Taschenbuch Verlag, 2008.