Was in Amerika mit den Gebrüdern Wright 1903 begonnen hatte, verbreitete sich bald auch in Europa: Der Traum vom Fliegen. Die jungen und verwegenen Pioniere der Lüfte feierte die Menschheit wie heutige Fussball- oder Popstars. Ende April 1912 erreichte das Aviatik-Fieber auch die Stadt Aarau. Ein lokales Komitee annoncierte für den 16. Mai, am Auffahrtstag, ein «Schaufliegen» im Schachen. Die Eintrittskarten zu 1 Franken und 50 Rappen (für einen Stehplatz) und 3 Franken (mit Sitzkomfort) fanden reissenden Absatz. Nur das Wetter machte nicht mit, Wind und Regen zwangen die Veranstalter, den Event auf den nächstfolgenden Sonntag zu verlegen. Als erster schwang sich der Waadtländer René Grandjean in die Lüfte, drehte drei Runden über der Stadt und landete «unter Beifallsstürmen» der Menge tadellos wieder auf dem Boden. Bei Emilio Taddeolis «Morane» hingegen entwickelte der Motor plötzlich starken Rauch und zwang den Piloten zur vorzeitigen Rückkehr auf die sichere Wiese. Wie prägend dieses Ereignis war, zeigt eine Jugenderinnerung des ehemaligen Lehrers Paul Erismann: «Diese Flugapparate konnte man aus nächster Nähe bestaunen. Als sich aber 1912 einer plötzlich um eine Handbreit bewegte, geriet ich in Panik und rannte kopflos durch die Menge hinter die Wirtschaft Kantine (heute Gasthof zum Schützen), wo man mich schliesslich aufspürte».
Ein Jahr später, am 6. April 1913, beteiligte sich Aarau mit einem zweiten Flugtag an der Geldsammlung für eine eidgenössische Luftwaffe. Die «Stars» vom Vorjahr, Grandjean und Taddeoli, hatten Pech mit ihren «fliegenden Kisten» und konnten aus technischen Gründen nicht starten. Ihnen stahl der Baselbieter Oskar Bider die Show, er überflog den Schachen nach einem «graziösen Aufstieg» (so die lokale Presse) in elegantem Bogen. Bider musste mit seinem pannenfreien Blériot-Eindecker auch die beiden geplanten Luftpost-Flüge nach Olten und Lenzburg alleine ausführen und beförderte auf diese Weise 4400 Karten.
Dass die jungen Männer bei ihrer Tätigkeit oft ihr Leben aufs Spiel setzten, zeigt das Schicksal von Taddeoli, der am 24. Mai 1920 in den Bodensee stürzte und starb. Das gleiche Los traf bereits am 7. Juli 1919 Oskar Bider, der während eines Akrobatikfluges mit seinem Jagdeinsitzer in Dübendorf tödlich verunglückte.
Die Begeisterung für das zivile Fliegen erwachte 1945 erneut, als angefressene Aviatiker die Segelfluggruppe Aarau gründeten. Zusammen mit der Sektion Aargau des Aero-Clubs der Schweiz führte man im März 1946 einen Flugtag, wie weiland im Schachen, durch. Es folgte eine ganze Reihe weiterer Events, an denen der Unterentfelder Hans Walti mit Trapezakrobatik am fliegenden Objekt für Nervenkitzel sorgte. Er hing jeweils mit nur einem Kniegelenk in gut 500 Metern Höhe an einer Stange, was unten auf dem sicheren Boden manchem einen gehörigen Schrecken einjagte.
Beflügelt von diesen Erfolgen reichte die Segelfluggruppe Aarau Ende 1949 das Gesuch für einen eigenen Flugplatz ein, nicht im Schachen, sondern im Gebiet Brüelmatten zwischen Unterentfelden und Suhr. Weil es sich dabei um die Nutzung eines Grundwasser-Schutzgebietes handelte, hatte das Projekt keine Chance, die Vision für ein Aarauer Flugfeld blieb ein Traum und landete nach dem entschiedenen «Njet» aus dem Unteren Rathaus 1950 für immer und ewig in der Schublade.
Oskar Bider als neuer Star am Himmel
Ein Jahr später, am 6. April 1913, beteiligte sich Aarau mit einem zweiten Flugtag an der Geldsammlung für eine eidgenössische Luftwaffe. Die «Stars» vom Vorjahr, Grandjean und Taddeoli, hatten Pech mit ihren «fliegenden Kisten» und konnten aus technischen Gründen nicht starten. Ihnen stahl der Baselbieter Oskar Bider die Show, er überflog den Schachen nach einem «graziösen Aufstieg» (so die lokale Presse) in elegantem Bogen. Bider musste mit seinem pannenfreien Blériot-Eindecker auch die beiden geplanten Luftpost-Flüge nach Olten und Lenzburg alleine ausführen und beförderte auf diese Weise 4400 Karten.
Dass die jungen Männer bei ihrer Tätigkeit oft ihr Leben aufs Spiel setzten, zeigt das Schicksal von Taddeoli, der am 24. Mai 1920 in den Bodensee stürzte und starb. Das gleiche Los traf bereits am 7. Juli 1919 Oskar Bider, der während eines Akrobatikfluges mit seinem Jagdeinsitzer in Dübendorf tödlich verunglückte.

Bild: Fliegerleutnant Oskar Bider im Aarauer Schachen, 1915.
Zittern um Luftakrobat Hans Walti
Die Begeisterung für das zivile Fliegen erwachte 1945 erneut, als angefressene Aviatiker die Segelfluggruppe Aarau gründeten. Zusammen mit der Sektion Aargau des Aero-Clubs der Schweiz führte man im März 1946 einen Flugtag, wie weiland im Schachen, durch. Es folgte eine ganze Reihe weiterer Events, an denen der Unterentfelder Hans Walti mit Trapezakrobatik am fliegenden Objekt für Nervenkitzel sorgte. Er hing jeweils mit nur einem Kniegelenk in gut 500 Metern Höhe an einer Stange, was unten auf dem sicheren Boden manchem einen gehörigen Schrecken einjagte.
Projekt Aarauer Airport scheiterte
Beflügelt von diesen Erfolgen reichte die Segelfluggruppe Aarau Ende 1949 das Gesuch für einen eigenen Flugplatz ein, nicht im Schachen, sondern im Gebiet Brüelmatten zwischen Unterentfelden und Suhr. Weil es sich dabei um die Nutzung eines Grundwasser-Schutzgebietes handelte, hatte das Projekt keine Chance, die Vision für ein Aarauer Flugfeld blieb ein Traum und landete nach dem entschiedenen «Njet» aus dem Unteren Rathaus 1950 für immer und ewig in der Schublade.
Titelbild: Flugtage im Aarauer Schachen, 1913, mit René Grandjean und Emilio Taddeoli.
Über
Zeitreise
We Love Aarau macht jeden Monat mit Geschichten und Anekdoten eine Reise ins vergangene Aarau.
Hermann Rauber, 69, ist Historiker und Journalist. Nach seiner Pensionierung ist er noch lange nicht schreibmüde, arbeitet für verschiedene Publikationen und ist als Stadtführer tätig. Am liebsten sind ihm dabei Geschichten über die Gaststätten und das frühere Nachtleben in Aarau.