Zeitreise

Von Junggesellen, Fritzen und Jakoben

Das lebenslustige 19. Jahrhundert im Zeichen von Biedermeier und Jugendstil war der ideale Nährboden für zahlreiche Vereinsgründungen im Lande. In Aarau organisierten sich auf diese Weise die Junggesellen. Und im gleichen Zeitraum schlossen sich einzelne Vornamensvettern zusammen, nämlich in einem Fritzen- und einem Jakobe-Verein. Von diesen willkürlich ausgewählten Beispielen hat nur der letztere den Sprung ins 21. Jahrhundert geschafft, die anderen sind von der Bildfläche verschwunden und lediglich noch Geschichte.

Von Hermann Rauber

Bilder: Sammlung Stadtmuseum

 

Erstmals ins Rampenlicht geriet der Junggesellenverein 1849, als er für den Gabentempel des Eidgenössischen Schützenfestes in Aarau eine kunstvoll gearbeitete Wiege spendete. Gewonnen wurde das Möbel von einem Anton Stäger, Postdirektor von Chur. Dieser hatte nach dem Willen der Donatoren «für den Inhalt selber zu sorgen». Tatsächlich meldete Stäger am 26. April 1850 die Geburt eines gesunden Stammhalters nach Aarau. Hundert Jahre später kam die Schützenwiege wieder an die Aare, wo sie im Stadtmuseum im Schlössli einen Ehrenplatz erhielt. Die Tradition fand eine Fortsetzung, gab es doch 1924 und 2010 an den Schützenfesten in Aarau abermals eine Wiege zu gewinnen, allerdings nicht mehr aus dem Kreis der Junggesellen, deren Verein sich aufgelöst hatte. Eines der letzten Zeugnisse der Junggesellen ist auf einer Fotografie der 1890er Jahre zu sehen. Der Verein begleitet den Zügelwagen eines in den Ehestand getretenen Mitglieds mit einem Cortège auf der Laurenzenvorstadt.

«Geselligkeit» als einziger Zweck


1859 wurde in Aarau der Fritzenverein aus der Taufe gehoben, der allen Trägern dieses Vornamens offenstand und als einzigen Zweck die «Geselligkeit» verfolgte. So traf man sich ein paar Mal im Jahr am Stammtisch, Höhepunkt im Kalender war aber der Fritzentag, der sich jeweils am 14. November jährte. An diesem Datum wurde nicht nur ausgiebig gegessen und getrunken, sondern auch die statutarischen Traktanden erledigt. Bei dieser Gelegenheit wurden auch neue Fritzen in die Reihen aufgenommen, die sich 14 Vereinsgeboten zu verpflichten hatten (etwa «Hängt die Traube reif vor Dir, geniesse!»).

Fritzenverein 1987 aufgelöst


Der Mitgliederbeitrag betrug in den Anfängen 50 Rappen pro Jahr, die alsogleich «in Speis und Trank umgesetzt wurden». Zwischen 1870 und 1887 würdigte die Versammlung verstorbene Mitglieder in Versform, verfasst von Fritz Wärtli senior. Freundschaftliche Bande pflegten die Aarauer mit dem Fritzenverein Langenthal, man besuchte sich mehrfach gegenseitig. Zu den Vereinsaktivitäten gehörten bis 1975 auch Vereinsausflüge, zum Teil mit den Ehefrauen. Doch dann kam das Ende der aussterbenden Fritzen, am 1. Mai 1987 deponierte der letzte Präsident, Konditormeister Fritz Hediger, die Akten im Stadtarchiv Aarau, hatte sich doch der Fritzenverein «wegen Überalterung und Nachwuchsmangel» aufgelöst. Das letzte Stammlokal befand sich im Gasthof zum Rössli an der Metzgergasse, der Vereinsmitglied Fritz Lüscher gehörte.
Im benachbarten Erlinsbach hingegen existiert der Fritzenverein noch immer, auch wenn am Erzbach die wenigen Mitglieder längst in die Jahre gekommen sind.

Jakobsgrüsse ins Bundeshaus


1863 gründeten 34 «gut beleumdete» Männer namens Jakob im Gasthof zum Wildenmann an der Vorderen Vorstadt den Jakobeverein. Unmittelbar nach diesem historischen Akt schickten die Aarauer ihren Vornamensvettern im Bundesrat, Jakob Stämpfli und Jakob Dubs, einen telegrafischen Gruss nach Bern. Die Antwort liess nicht lange auf sich warten, die «Bundes-Jakobe-Gesellschaft» bedankte sich freundschaftlich und schloss mit einem «Hoch auf alle vaterländischen Jakobe!». Bereits ein Jahrzehnt nach dem Start haperte es mit Neueintritten, was den Vorstand bewog, an die ledigen Vereinsmitglieder zu appellieren, «wenn möglich bald zu heiraten und Nachwuchs zu zeugen».

Im Artikel 1 der Statuten hiess es wie bei den Fritzen auch bei den Jakoben «Der Zweck des Vereins ist Geselligkeit». Diese pflegte man besonders am Jakobstag, jeweils am 25. Juli, ausgiebig mit einer Freinacht und Gratiswein aus der Vereinskasse. Zählte man in der Blütezeit rund 80 Mitglieder, drohte 1967 das Ende, blieben doch nur noch sieben Jakobe übrig. Dank intensiver Werbung gelang es, die Zahl bis heute zwischen 20 und 30 zu stabilisieren, wobei man die Reihen auch für Frauen mit dem Vornamen Jacqueline öffnete. Jedenfalls durfte man, im Gegensatz zu den Fritzen, am 25. Juli 2013 im Roggenhausen noch stolz das 150-Jahr-Jubiläum feiern.

 
Titelbild: Wirtshausschautafel des Fritzenvereins (1859-1987), Aarau 1877.